Es gibt Jahre, da denkt man bei der Bekanntgabe eines Literaturnobelpreisträgers: "Ah, interessant" oder "Ja, kann man machen" (gelegentlich auch ein kühles naserümpfendes "Mmpff...").
Als wir heute mittag hörten, dass der Nobelpreis in diesem Jahr an die französische Autorin Annie Ernaux ging, brach das Umfeld der Buchhandlung Domstraße in Jubel aus. Die Begründung des Komittees der Svenska Akademien ist kurz: "für den
Mut und die klinische Genauigkeit, mit der sie Wurzeln, Entfremdungen und kollektive Grenzen der persönlichen Erinnerung erkundet." Oder so ähnlich.
Als Tochter von armen Ladenbesitzern in der ländlichen Normandie geboren, war ihr der Erfolg nicht in die Wiege gelegt. Später arbeitet sie als Lehrerin. Heirat, Kinder, Scheidung. Und schrieb
nebenher, über sich selbst, ihre Eltern und erlebte Zeitgeschichte. Sie schreibt einfach brillant. Punkt. Dass sie als linke intellectuelle engagée manchmal bös danebenliegt, teilt sie mit
Sartre.
Die Bücher von Annie Ernaux sind bei Suhrkamp
erschienen. Wir haben sie teils vorrätig oder bestellen sie über Nacht für Sie.